„Einer der wichtigsten Grundsätze der Malerei ist immer die Zeichnung gewesen,“ schreibt Giorgio Falossi, „nicht nur im theoretischen Sinne, sondern vielmehr in der praktischen Anwendung. Man kommt nicht umhin anzuerkennen, daß Eva Warnke dieses Prinzip ihren Gemälden zugrundelegt, in denen der Verismus die Basis aller ihrer Ausführungen bildet“ – hat Giorgio Falossi geschrieben.
Die in Deutschland geborene und sich in Sizilien „naturalisierte“ Warnke stellt zur Zeit in New York aus, im bekannten Stadtviertel Soho, in der Alena Adlung Gallery.
Es ist bekannt, daß Sizilien der Geburtsort vieler hervorragender zeitgenössischer Künstler ist, wie Guttuso, Caruso, Fiume, Migneco und viele andere, die aber ihre Reife und Realisation anderswo erreicht haben, in von ihnen als geeigneter empfundenen Milieu.
Ich will hingegen von einer Künstlerin sprechen, die den umgekehrten Weg eingeschlagen hat, und zwar von weit her auf unsere Insel gelangt und hier gereift ist und sich realisiert hat.
Es handelt sich um die deutsche Malerin Eva Warnke, die sich in Sizilien niedergelassen hat, vielleicht nicht aus künstlerischer Wahl, sondern aus familiären Gründen – sie hat einen Sizilianer geheiratet - , sie hat hier jene Farben, jene Sonne, jene Atmosphäre und jene Ausdruckskraft gefunden, die diesem Land eigen sind, sie soweit beeinflußt, daß man sie eine künstlerische Tochter Siziliens ansehen kann.
Eva Warnke gab ihre erste Einzelausstellung in Italien eben auch in Palermo, und es gibt niemanden, der nicht von ihrem Realitätssinn und ihrem Farbempfinden beeindruckt geblieben ist.
Sie ist eine Künstlerin, die im wahrsten Sinne des Wortes konsequent den realistischen Stil verfolgt, den traditionellen Richtlinien gemäß, also um es genau zu beschreiben „Ars imitatur naturam“ (Aristoteles) oder auch „Die Kunst ist schön, wenn sie zugleich Natur zu sein scheint“ (Kant). Übrigens scheint es keine Zweifel zu geben, dass dies der Weg der wahrhaftigen Kunst ist, mit Verlassen nunmehr jener abartigen oder gar irregehenden Formen, die manche leider noch hartnäckig verfolgen und lobpreisen. Ferner hat Eva Warnke einen bemerkenswerten ästhetischen Geschmack, den auch ein wahrhaftiger Künstler haben muss und immer gehabt hat – der sich in der Pflege ihres Aspekts, der ausgesuchten und eleganten Kleidung, der Liebe zu guter, vor allem klassischer Musik (sie selbst hat auch Geige studiert) bemerkbar macht.
Sie ist mit Recht als eine Meisterin des „Trompe-l‘oeil“ bezeichnet worden, und nicht zuletzt als vollkommne Künstlerin. Mit wenigen Worten, die Werke der Warnke „sättigen“ die Seele derjenigen, der sie bewundert: Ich ziehe dafür dieses Wort vor, da es mir zutreffender scheint als einfach „emotionieren“, was mehr eine Idee von eine kurz aufwallenden und vorübergehenden Gefühlsregung gibt, während Kunstwerke das Gemüt fortwährend mit Genugtuung und Wonne erfüllen müssen, nicht bloß augenblicklich, sondern in ihrem Ganzen, jedem Detail und Gesichtspunkt genossen werden muessen.
Wie ist Eva Warnke in Sizilien gelandet?
„Vor Jahren in Deutschland sagte mir eine liebe Person: Eva, ich stelle mir dich am Mittelmeer vor, wo viel Sonne ist, Meer und intensive Farben, nicht hier! Ich lachte, denn damals hatte ich wirklich noch nicht im Sinn, mein Land zu verlassen. Jedoch nach einigen Reisen nach Sizilien begann ich dieses Land zu lieben, die Sonne, das Licht, die Leute, und schließlich habe ich einen Sizilianer geheiratet und bin hier geblieben.“
In was für einem Verhältnis steht die Tatsache, daß du Ausländerin und überdies noch hübsch bist, zu dem Erfolg, den du erhältst?
„Nationalität oder gar äusserer Aspekt beeinflussen gewiss nicht die Arbeit eines Künstlers; wenn dies jedoch die Umwelt beeinflussen sollte – und daran zweifle ich – kann das bloß missfallen (soweit es nicht der weiblichen Eitelkeit schmeichelt), denn man empfindet den Professionalismus an die zweite Stelle gesetzt, worauf es doch dem Künstler in erster Stelle ankommt.“

aus „America Oggi“, 3. Januar 1989



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